Montag, 11. Juli 2016

1. GOINDA! Eine Pilgerung den Berg hinauf... A pilgrimage up the hill...

Als ich Tirupati ankam, war mir klar, dass ich gerne auf den Tirumala möchte, das ist der Tempel auf dem Berg nahe Tirupati. Eine Idee war, dass ich dort hinauf gehe, als Wanderung. Unklar war mir, dass man diesen Pilgerpfad barfuß begeht, wobei ich mir das hätte denken können, sind ja Hindus...
Auf jeden Fall habe ich dies Pavan und Sai gesagt, die mich in Tirupati und Umgebung ein wenig führen wollen (Pavan ist Mitgleid der christlichen Gemeinde in Tirupati und fühlte sich mir somit etwas verpflichtet). Sie erzählten mir, dass Sais Familie am Montag wohl auf den Berg möchten, ich könne da wahrscheinlich mit.

Nach dem Besuch in der Universität (dazu mehr im anderen Eintrag), gingen wir frisch und mit ein paar Sachen zum Übernachten auf zum Berg. Die Jungs sagten mir ich solle nur meine Sandalen mitbringen, da ich sie eh nicht tragen darf, da stutzte ich etwas, ich hatte schließlich Wanderschuhe mit... Aber gut, Tradition ist Tradition und dieser wollte ich mich beugen.
Ich hätte gerne vorher gewusst, dass ich da übernachte und so, aber nun gut...
Die Idee war es mit den Geschwistern und der Familie von Sai und ein paar von seinem Dorf den Berg zu besteigen und den Tempel zu besuchen.
Am Fuß des Berges haben wir sie getroffen, wobei mir nicht klar war wie viele letztlich zur Meute gehörten. Es waren mit mir 14 Personen. Dabei 2 kleine Kinder (unter 10 Jahre) und ein älteres Paar (wahrscheinlich zwischen 60 und 70). Dazu die Eltern der Kinder und Sais 3 Geschwister plus Eltern. Es hatte sich eine Gruppe aus dem Dorf gemeinsam zum Pilgern auf den Weg gemacht. Pavan kannte viele davon schon von Kindheit an, da er im Nachbardorf aufgewachsen war. Ich durfte mit als Anhängsel ^^
Als Vorbereitung wurden die Rucksäcke mit kleinen Vorhängeschlössen gesichert und an einer Station abgegeben, von hier wurden die Rucksäcke, Taschen etc. mit einem Bus nach oben gefahren. Sie bekamen einen Chip als Wiedererkennung (die Taschen wurden mit Kreide nummeriert).

Erst ging es zur Vorbereitung in einen Tempel, einer der Brüder nahm mich mit, doch Sai hat mich wieder hinaus begleitet, er meinte scheinbar nur Hindus dürfen das machen, Pavan sagte mir, man müsse für dieses Ritual Geld bezahlen... Ab da hörte man schon von großen Lautsprechern Gebete, die den Gott Sri Venkateswara anbeteten. Diese Lautsprecher waren auf dem ganzen Pilgerpfad angebracht, ab und zu war es ein Erzählen, mal ein Singen, mal ein Manthra oder Gebet. Immer zu Ehren der Gottheit. Manche Pilger haben ab und zu mitgesungen, sollten sie die Kraft und den Atem dazu haben.
Der Aufstieg war mühsam. Anfangs dachte ich mir: "ist ja gar nicht so schlimm!"
Dann kamen die Höhenmeter... Nur noch Stufen aufwärts mit wenigen geraden Strecken. Zusätzlich war die Schwierigkeit (ich glaube es ist eine), dass es tatsächlich die ganze Zeit nur Treppen-Stufen sind, also theoretisch ist das ganze eine laaange Treppe mit 3550 Stufen. Später kommen dann noch die Stufen des Tempels und des umliegenden Geländes dazu, aber zur Pilgerung gehören diese 3550 Stufen (einige gehen auch runter). Aber ich fand diese recht schwer zu gehen, evtl. ein wenig zu hoch für die gewohnte Höhe der U-Bahn Treppen in Hamburg ;)
Also ab ca 500 Stufen ging es nur noch steil bergauf. Ab und zu gab es kleine Kiosks, die Wasser, Cola und/ oder Snacks verkauften. Ich lief tapfer barfuß wie die meisten anderen Pilger auch (es gab vielleicht 6 Personen, die Schuhe trugen, der hunderten die ich gesehen habe). Die Stufen waren überall mit Pulver der Farbe Rot/ Orange/ Geld geschmiert, sodass die Fußsohlen diese Farbe ebenfalls annahm. Später war es nur noch rötlich...
An mehreren Stellen gab es Statuen, die verschiedenen Inkarnationen des Gottes Venkateswara (Vishnu?) zeigten und ihn so darstellten. Diese waren in der Regel ebenfalls mit den Farben Geld, Orange, Rot beschmiert.
Auch gab es Personen, die auf jeder Stufe kleine brennbare Kügelchen legten und eine andere Person folgte ihr und zündete diese an. Sodass in der Mitte jeder Stufe ein schwarzer Fleck zu sehen war, ab und zu brannten die Kügelchen noch.
Um der Treppe, die überdacht war, war es bewaldet, relativ dicht sogar, sodass scheinbar die Treppe und dieser Weg sehr vorsichtig gebaut worden sein müssen. So tummelten sich Schweine in der Umgebung und später in der Dämmerung auch Rehe (bzw. eine indische Art Rehe). Pavan erzählte mir, dass ab und zu auch mal Leoparden oder so zu sehen seien, allerdings ruft man dann den Waldschutz, der sich darum kümmert...
An einigen Stellen waren Ratten, Mäuse und andere Nager zu sehen, auch einmal etwas größeres (ich glaube es war sowas wie ein Possum oder so). Leider zu schnell und zu dunkel für meine Kamera...
An Rastplätzen war relativ viel Müll zu finden, wie eigentlich überall in Indien, also sind die heiligen Plätze keine Ausnahme. Allerdings gab es viel Personal, die die Treppen auf und ab gingen und fegten, die Farbe an den Stufen wegmachte und so versuchte die Treppenstufen sauber zu halten.
Ab der Stufe 2083 gab es einen größeren Zwischenposten mit einem Gopuram (die Turm-Tore). Hier erhielten die Pilger eine Karte mit einem "Foto" (es war ein schwarz-weißer sticker mit einem qr-code, im schwarzweiß sollten theoretisch die Person zu sehen sein - hier merkte ich wieder, dass weiße Menschen hier nicht wirklich hin gehören, denn die weiße Haut auf dem weißen Hintergrund wirkt unsichtbar, nur ein paar Schatten waren zu sehen :D
Hinter dem Gopuram waren mehrere kleine Läden, ein größeres Restaurant und somit eine willkommene Möglichkeit zu verweilen, wir wollten allerdings noch weiter! Es waren noch 7 Kilometer (von ca 9!) und schon über die Hälfte der Stufen, somit hoffte ich nicht mehr so viel klettern zu müssen und dem war auch so. In der angenehmen Nachmittagswärme ging es relativ flach voran. Weiter an ein paar Statuen und einem großen Gehege für die indischen Rehe vorbei. Hier haben die Kinder (auf die wir hinter der Zwischenstation warteten) die Rehe gefüttert, die kleinen Stände haben da natürlich ein schickes Geschäft mit gemacht... Offiziell ist das füttern verboten, aber es hat jeder gemacht (die Stände haben Sachen dafür auch verkauft). Die Hirsche trugen mächtige Geweihe und später haben wir auch die offizielle Futterstation gesehen, allerdings schienen die Rehe das Essen der Pilger zu bevorzugen :D
Bei der 6 KM Marke gab es wieder einen größeren Platz an einer "Hanuman" Statue. Hier hat mir einer von Sais Brüdern ein Bindi angeboten (ich habe es natürlich falsch - zu groß und zu hoch - gemacht, das fanden die alle recht witzig, vor allem die Kinder^^). Hanuman habe ich so geschrieben, da es eigentlich Anjaneya ist, ein Schüler Ramas, aber eigentlich doch Hanuman, die Hindus haben für ihre Gottheiten viele Namen, evtl. auch für jeden Aspekt einen Namen.

Als wir die Statue hinter uns ließen begann die Sonne unter zu gehen... wir beeilten uns (Sai, seine Brüder, Pavan und ich gingen wieder voraus) und warteten an der 2. Kontrollstation, hier erhielten die Karten (siehe oben) einen Stempel, der damit bestätigt, dass man wirklich den Weg gelaufen ist. Hier zu schummeln ist also recht schwer! Hinter dieser Station kam man an eine Straße, allerdings die Einbahnstraße von Tirumala Richtung Tirupati, dementsprechend muss man weiter zu Fuß gehen... Ab da ging es nur noch an der Straße entlang, was teilweise sehr gefährlich war (für mich als Deutschen, so wie die Inder fahren). Aber an sich war der Pilgerweg (großer weißer Streifen auf der Straße) recht gut beleuchtet und wurde auch von den Bussen, Autos etc. respektiert.
19:32 kamen wir am Gopuram von Tirumala an. Der Eingang zur großen Tempelstadt. Hier sind einige Pilger die Treppen hochgekrabbelt, also auf allen Vieren! Dies ist wohl ein Zeichen, dass man seinen Wunsch wirklich ernst meint und zeugt von dem Willen sich der Gottheit zu ergeben. Dann ging es weitere Stufen hoch und die letzten 700 Stufen zeigten sich. Das war noch einmal ein harter Anstieg, vor allem im Dunkeln war es nicht so schön, der Hunger hat sich auch merkbar gemacht, ganz zu schweigen von den Füßen. Dann endlich hat man die Sicherheitsposten der tatsächlichen Stadt gesehen und die 3550. Stufe (alle 50-100 Stufen waren die Zahlen in der Stufe eingraviert)! Einige Gläubige haben dann diese Kügelchen in die 3550 gelegt und angezündet, da haben sie sich gefreut und "GOINDA!" gerufen (scheinbar sowas wie der Schlachtruf für diesen Gott).

Soweit zum Anstieg...

Hier sieht man eine Tafel, die über die Gottesstatue aufklärt, natürlich auch durch dieses Pulver gefärbt!
Hier die dazugehörige Statue, sie zeigt Venkateswarar in seiner Schildkröten Inkarnation!
Es geht hinauf.... man sieht die Farben sehr schön.Später wurde es noch viel steiler als hier!
1000. Stufe! Leider weiß ich nicht warum das Bild auf dem Kopf ist.. ich werde das bei Gelegenheit umdrehen...

Ausblick vom Gopuram (2083. Stufe) über Tirupati!
Sais Brüder, Pavan und Sai vor dem Gopuram, links von ihnen ist die Station, wo man die Pilger-Karte erhält
Völlig erschöpft, warten wir auf die anderen...
Hier das Füttern eines Rehes durch das kleine Mädchen
Die Hanumanstatue und Sais Familie 

Mein zu groß geratenes Bindi

Das Gopuram, als Eingang Tirumalas, hinter diesem krabbeln einige Gläubige weiter nach oben
Hier krabbeln die Gläubigen hoch
Die 3550. Stufe! Woohooo!!!

Goinda! Die 3550. Stufe wird angezündet!
Die Markierung meines Rucksacks für den Transport nach oben



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